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DRUCKVERSION Kleiner Fluss, große Themen

Mit nur 63 Kilometern ist die Fils, ein rechter Zufluss des Neckars, ein vergleichsweise kleiner Fluss. Doch er blickt auf eine lange Geschichte zurück. Im Landkreis Göppingen feiert man nun 1150 Jahre Fils (Redebeitrag zur Eröffnung der Ausstellung "Im Mittleren Filstal" am 8. Juni 2011 im Museum Storchen in Göppingen)

von UWE RADA

Modethema Flüsse

Flüsse sind schwer in Mode. Die einen von uns haben an dieser Modeerscheinung teil bei Kreuzfahrten auf der Donau oder – Exotik muss sein! – auf einem Wolgadampfer. Andere treiben sich lieber selbst an und radeln auf den neuen Ameisenrouten der "Generation Wellness" – den Flussradwegen an Rhein, Elbe oder Neckar. Wer lieber zu Hause bleibt, geht trotzdem ab und an hinunter zum Fluss und schaut, ob alles noch an seinem Platz ist.

In den verwinkelten Räumen von Globalisierung und Bindestrich-Identitäten bieten die Flüsse offenbar jenes Maß an Orientierung, das im Alltag verloren gegangen ist. Flüsse haben einen Anfang und ein Ende, wer sich an die Uferwege hält, kann nicht auf Abwege geraten, die Wege, die wir befahren, sind älter als wir selbst, schließlich hat sich der Fluss seinen Lauf schon vor Millionen von Jahren gebahnt. Nicht zuletzt bieten Flüsse auch jenen Moment des Innehaltens, den wir sonst so sehr vermissen: Wir schauen zurück auf das, was war, und voller Hoffnung und mit ein bisschen Ehrfurcht blicken wir auf das, was uns noch bevorsteht. Reisen an Flüssen ist ein besonderes Erlebnis von Raum und Zeit.

Und dann ist da noch ihr metaphorisches Potential. Hat nicht die Europabrücke über den Rhein gezeigt, dass Flüsse nicht nur trennen, sondern auch verbinden?

Knüpft man, nach dem der Eiserne Vorhang zerschnitten wurde, nicht auch an der Oder wieder neue Bande, zwischen Brandenburg und Schlesien zum Beispiel – oder neuerdings sogar an der Donau, dem vielleicht europäischsten aller Flüsse Europas, dessen Brücken im jüngsten europäischen Krieg gesprengt worden waren? Wer den Fluss achtet, sagte einmal der ungarische Dichter György Konrad über diesen, seinen Strom, der achte auch seinen Nächsten.

Meine Fils

Große Worte, erst recht, wenn es, wie heute, um einen kleinen Fluss geht – die Fils. Aber warum soll man nicht auch einen kleinen Fluss am Großen messen – zumal, wenn ihm mehrere Museen ein Ausstellungsprojekt widmen, das weit über das hinausgeht, was man sich sonst an kleinen Flüssen erzählt.

Meine Damen und Herren, die Geschichte der Fils, auch wenn sie 1150 Jahre alt ist, ist auch meine Geschichte. Meine bescheidene und mit 47 Jahren recht kurze Filsgeschichte. Aber ich möchte sie nicht missen. Vielleicht waren es ja die Fils und die Krumm in Eislingen, die mich zum Flussmenschen gemacht haben.

Immerhin war die Fils der erste Fluss, dessen Quelle ich besuchte. Nur hieß die Quelle nicht Quelle, sondern, etwas altbacken, Filsursprung. Es war, wie es wohl auch heute noch üblich ist, bei einem Schulausflug. Was haben wir gestaunt über das bisschen Wasser, dass da aus der Wiese sprudelte. Das sollte das gleiche Wasser sein, dass wenig später in Eislingen, dem Wohnort vorbeifloss?

Im Erdkundeunterricht lernte ich den Lauf der Fils aufzeichnen und stellte fest, dass das Einzugsgebiet der Fils nahezu identisch war mit den Grenzen des Kreises Göppingen. So entsteht etwas, das man heute regionale Identität nennen würde.

In den Erzählungen der Eltern und Großeltern erfuhr ich von gelegentlichen Raufereien an der Filsbrücke in Eislingen. Der ein oder andere, raunten sie mir zu, trug dabei auch eine blutige Nase davon. Damals trennte der Fluss die Stadt in Großeislingen und Kleineislingen und nicht, wie schon zu meiner Zeit, in Eisligen Nord und Eislingen Süd. Was das bedeutete, wusste ich damals nicht, aber dass man hinter einer Brücke neues Gelände betritt, davon bekam ich eine Ahnung.

Und noch heute freue ich mich, wenn ich einen Brief nach Eislingen Schrägstrich Fils adressiere. Warum hat man das nicht verpflichtend gemacht hierzulande, dem Namen der Stadt den Fluss beizufügen, der sie einst ernährte?

Immerhin, auch das gehörte zur Heimatkunde des Heranwachsenden, gab es da die Merkverse. "Iller, Lech, Isar, Inn fließen rechts zur Donau hin. Altmühl, Naab und Regen kommen ihr von links entgegen". Oder: "Wo Werra sich und Fulda küssen, sie bald ihren Namen büßen müssen." Auch das Leben der Fils, so habe ich es damals schmerzhaft bei einem anderen Ausflug in Plochingen erlebt, währte nicht ewig. Mir nichts dir nichts wurde sie – und das auch noch außerhalb des Landkreises Göppingen – einfach geschluckt. Feindliche Übernahme! Wenigstens ihre Wasser aber blieben erhalten und mündeten über Neckar und den Rhein in die Nordsee. So war der Fluss nicht nur die Quelle der heimatlichen Welt, sondern auch ein Ausblick in die Ferne.

Geschichte im Fluss

Was will ich mit diesen Erinnerungen sagen? Vielleicht, dass ich erst später begriffen habe, dass diese Art, Heimatkunde zu betreiben, im guten Sinne altmodisch ist. Flüsse sind schließlich nicht nur geografische Eintragungen in Kartenwerke und Atlanten, sondern auch der Ursprung vieler Stadt-Geschichten. Nicht Stadt, Land Fluss müsste es demnach heißen, sondern Fluss, Stadt, Land.

Auch im Kreis Göppingen. Da sind Städte wie Wiesensteig, deren dreistelliges Gründungsdatum dort, wo ich lebe, in Berlin, kaum vorstellbar ist. Vielleicht sollte man Flüsse nicht nur der Länge nach messen, sondern auch nach der Anzahl der Jahre, in denen sie die Geschichte durchlaufen. Dann läge die Fils mit Sicherheit weit vor der Spree.

Da sind die Burgen über dem Filstal, die davon künden, dass der Fluss schon früh ein alter Handelsweg gewesen ist.

Da sind die Furten und Brücken, die uns davon berichten, wie eng, aber manchmal auch wie konfliktreich die Geschichte der Städte mit ihren Flüssen verbunden ist.

Kleine Anekdote: In Görlitz an der Neiße hat mir eine Geografiedozentin aus Kaiserslautern einmal gestanden, wie traurig es sei, in einer Stadt zu leben, die keinen richtigen Fluss habe.

Ähnliches hat übrigens auch einmal der ukrainische Schriftsteller Juri Andruchwowytsch über Lemberg gesagt: "Eine der vergessendsten Städte Europas mit ihren überraschenden und noch nicht ganz vernichteten, überwältigenden Panoramen ist einer der wichtigsten Komponenten der europäischen Urbanistik beraubt – des Flusses", sagte er und schlug den Ton der Trauer an: "Und das heißt, der Brücken beraubt (der echten, über Wasser), der Ufer, Auen, Anlegestellen, der Schiffe, Wassermühlen, Deiche, Inseln, Kanäle und der tausend anderen Reize, die einen schwindeln machen, besonders im Sommer."

Ich kann beide, die Dozentin wie den Dichter, gut verstehen, macht doch ein Fluss einen gut Teil der Identität einer Stadt aus. Städte tragen ihren Fluss, wie Eislingen und zahlreiche andere Städte im Landkreis Göppingen, im Namen oder, wie zum Beispiel Hamburg, im Wappen. Auch welcher Fluss in welcher Stadt in welchen größeren Fluss mündet, lässt sich an vielen Städtenamen ablesen. Schließlich kommen auch die Kulturlandschaften zu ihrem Recht. Der Rheinwein wird im Rheinland gekeltert, das Oderland und das Havelland sind seit Fontane unwiderruflich mit der Mark Brandenburg verbunden. "An der schönen, blauen Donau" erklingen die Walzer von Johann Strauß. Und im Filstal feiert man heuer 1150 Jahre Geschichte.

Trauerarbeit

Meine persönliche Heimatkunde, die wohl mit meinem Besuch am Filsursprung begann, meine Damen und Herren, ist in der Rückschau eine Hommage an diese große Zeit der Flüsse.

Aber sie war auch eine Art von Trauerarbeit, denn diese Zeit war unwiderruflich zu Ende gegangen. Mit der Industrialisierung der Produktion begann auch die Industrialisierung der Flüsse. Neue Häfen entstanden, Städte und Stadtbewohner wandten sich von den Flussufern ab, die Flüsse selbst wurden zu Kloaken, die kleineren unter ihnen wurden – wie in Lemberg – sogar in Rohre unter die Erde verbannt. Nur ab und an, wenn sie über die Ufer traten, riefen sich die Flüsse wieder ins Gedächtnis.

Auch die Fils ereilte ein solches Schicksal. Ich erlebe es immer wieder, wenn ich mit der Regionalbahn von Stuttgart nach Eislingen fahre. Da erheben sich kurz hinter Cannstadt die Weinberge, ein Blick an dem ich mich nicht satt sehen kann. Der mich erinnert an andere Bahnfahrten an großartigen Flüssen: Rhein, Elbe, Moldau. Großes Flusskino.

Und dann? Fabrikhallen, Abstellplätze, Baracken und kein Fluss mehr, nirgends. Unsichtbar hat man die Fils gemacht, den Arbeitsfluss, an dem man sich nicht sattsieht, sondern an dem man schafft. Ein Fluss als Hinterhof der Städte, würde ich heute der Geografiedozentin aus Karlsruhe sagen, ist das nicht genauso traurig wie gar kein Fluss?

Auch in der Ausstellung finden Sie vieles über diesen Teil der Geschichte, vor allem an der mittleren Fils. Zum Beispiel über die Mühlkanäle in Göppingen, die ich selber nicht mehr zu Gesicht bekam. Aber die Geschichten habe ich gehört, auch die romantischen. Nur: Was heute als Klein-Venedig in Göppingen romantisiert wurde, war ein Armutsviertel, in dem sich die Menschen mit der Gerberei über Wasser hielten, so wie es die Armen in Paris an der Bievre taten oder in Berlin-Wedding an der Panke. Und dennoch ging mit der Sanierung dieser hygienisch unhaltbaren Kloaken und Stadtviertel auch ein Stück Geschichte verloren.

Ich freue mich deshalb sehr, wenn in der Ausstellung "Mittleres Filstal" an diese Geschichte wieder erinnert wird. Dass wieder von den Mühlkanälen die Rede ist, aber auch vom Arbeitsalltag der Menschen, dass wir von Furten und Übergängen und Brücken erfahren, aber auch von Wolkenkuckucksheimen wie dem Neckar-Donau-Kanal, der die Fils zum Abschnitt einer Wasserautobahn gemacht hätte. Dass wir vom Reichtum reden, den die Industrie dem Filstal gebracht hat, aber auch davon, dass die Fils bis vor gar nicht allzu langer Zeit ein toter, wenn nicht gar mausetoter Fluss war. György Konrads Zitat, dass ich am Anfang nannte, kann man auch abändern: "Wer den Fluss achtet, achtet auch sich selbst."

An die Ufer

Mit Ihrer Ausstellung, Herr Rueß, haben Sie, wenn ich das so sagen darf, innerhalb des Verbundprojektes, vielleicht den schwierigsten Part bekommen im Filsjahr 2011. Von spektakulären Flussfunden und vom Tourismus im oberen Filstal lässt sich gut reden. Was aber ist mit der aufgestauten, verbauten und, wie gesagt, fast unsichtbaren Fils in Eislingen und Göppingen?

Kein leichtes Unterfangen also, aber eines, das dennoch Mut macht. Mut alleine hat es schließlich schon erfordert, den Fluss selbst in den Mittelpunkt zu rücken. Denn nichts anderes machen sie mit ihrer Ausstellung: Sie erzählen nicht die Geschichte der Fils aus der Perspektive der Städte. Sie erzählen die Geschichte der Städte aus der Perspektive der Fils. Dieser Unterschied ist wichtig, weil er das, sagen wir es ruhig, koloniale Verhältnis thematisiert, dass wir seit dem 18. Jahrhundert und erst recht mit der Industrialisierung zu unseren Flüssen hatten.

Nun dürfen sie also selbst zu Wort kommen. Dürfen die Helden sein in unseren Geschichten. Dürfen uns, wortlos, kritisieren. Dürfen sogar auch wieder etwas mäandern. Hier und dort über die Ufer treten. Kontrolliert natürlich, ganz am Ende dieses kolonialen Verhältnisses sind wir noch lange nicht.

Und wir dürfen uns wieder erfreuen an ihrem Anblick. Ich jedenfalls habe mich wie ein kleines Kind gefreut, als ich vor einigen Jahren feststellte, dass an die Krumm in Eislingen, den zweiten Fluss meiner Kindheit, nunmehr Treppen hinabführen. Dass am Ufer des Baches kleine Plätze entstanden sind, an denen man Abends Gitarre spielen oder Bier trinken könnte. All das, was wir früher heimlich und gegen den Willen der Stadtväter gemacht haben, gehört nun, ganz offiziell und mit dem Segen eben jener Stadtväter, zu stadtbürgerlichem Verhalten. Der Fluss machts möglich.

Liquid turn

So sind wir derzeit also, in Ausstellungen wie dieser, in Treppen wie an die Krumm oder im Freizeitverhalten auf Kreuzfahrtschiffen und an Flussradwegen, Zeugen einer Wiederentdeckung der Flüsse.

So faszinierend diese Wiederkehr der Flüsse aber ist, unser Wissen über ihre Geschichte ist oft noch bruchstückhaft. Viel zu oft bleibt die Modeerscheinung Fluss noch eine Oberflächenerscheinung. Oder, um es akademisch zu sagen: Dem "spatial turn", der Rückkehr des Raums in die Geschichtswissenschaft, ist bislang kein "liquid turn", keine Rückkehr der Flüsse gefolgt. Wenn über Flüsse geforscht oder geschrieben wird, stehen Umweltthemen oder Hochwasserschutz ganz oben, ihre Kulturgeschichte fristet dagegen ein Schattendasein.

Guido Hausmann, der mit seinem Buch über die Wolga eine wegweisende Studie über Flüsse als Erinnerungsorte vorlegte, mutmaßt gar, dass die Geschichtswissenschaft selbst zu dieser Wissenslücke beigetragen habe: "Einer 'Flussuntersuchung' oder -geschichte haftete (…) die Vorstellung von einem unseriösen, unwissenschaftlichen und populären Thema an, da sie zur identitfikationsstiftenden, sinnverleihenden und emotionalisierenden (Nach-)Erzählung statt zur kritischen Untersuchung zu tendieren schien", schreibt Hausmann. "Das verlangte geradezu Distanzierung, zumal auf den ersten Blick weder menschliche Akteure noch soziales Handeln im Zentrum standen oder zu erkennen waren."

Flüsse verbinden

Das ist umso erstaunlicher, da wir gerade über die Flüsse und Flussregionen auch viel über unsere Nachbarn lernen können. Ich habe an meinen Reisen entlang der Flüsse Mittel- und Osteuropas, über die ich auch publiziert habe, erlebt wie zum Beispiel die Oder binnen kürzester Zeit einen rasanten Imagewandel erlebt hat: Weg vom Synonym für eine Grenze, die Oder-Neiße-Grenze, hin zu einem Fluss, den sich Polen und Deutsche teilen.

Dieser verbindenden Kraft der Ströme trägt übrigens auch die Politik Rechnung. Sehr viele Euroregionen in Mittel- und Osteuropa sind nach einem Fluss benannt: Neiße, Eger, Elbe/Labe. Je tiefer die Gräben der Geschichte, desto größer die Hoffnung auf einen Fluss, über dessen Brücken man nun wieder gehen kann.

Ich habe an der Memel aber auch erfahren, was es heißt, wenn ein Fluss, wie etwa zwischen dem zu Russland gehörenden Kaliningrader Gebiet und Litauen, bis heute eine Grenze bildet – zumal eine so einschneidende wie die Außengrenze der Europäischen Union.

Und schließlich: Lange ist es noch nicht her, dass Flüsse nicht nur als Abwasserkanäle missbraucht wurden, sondern auch zur Demonstration nationaler Stärke.

Doch das ist vorbei, und auch daran haben die Flüsse ihren Anteil. Bei meinen Flussreisen habe ich nämlich auch die Geschichten von Menschen gehört, die die große Geschichte an Orte getrieben hat, an denen sie eine neue Heimat finden mussten. Und ich habe begriffen, dass ein Fluss ihnen diese neue Suche nach neuer Heimat leichter machen kann. Schließlich waren die Flüsse schon da, bevor die Menschen an ihnen siedelten. Und sie werden auch noch da sein, wenn neue Wanderungsbewegungen die Menschen an neue Orte führen. Ein bisschen stehen die Flüsse immer auch über der Geschichte. Ein Trost? Vielleicht. Und sicher auch ein Grund dafür, warum wir sie derzeit überall wiederentdecken: Auf unseren Reisen, als Erholungsort, in Ausstellungen wie dieser über die Fils. Ganz so, wie es der Germanist Hubert Glaser im Sinn hat, wenn er schreibt: "Der Blick, der sich vom Fluss aus auf die Geschichte bietet, ist panoramatisch."

Neue Perspektiven

Jetzt sind wir also doch noch bei den großen Themen gelandet. Die Fils und die Ausstellung, die ihr gewidmet ist, brauchen diese Vergleiche freilich nicht zu scheuen. Schließlich gilt auch im Landkreis Göppingen: Einen Fluss kann man nie nur aus einer Perspektive begreifen. Flüsse, nicht nur die grenzüberschreitenden unter ihnen, erfordern immer die Multiperspektive.

Und ein wenig zwingen sie uns auch, in Widersprüchen zu denken: Sie schaffen regionale Identitäten und verbinden uns trotzdem mit der Welt. Sie bringen uns Wohlstand und reißen ihn doch mit ihren Fluten wieder hinweg. Sie bilden Grenzen und schaffen doch, wie in Göppingen, auf beiden Ufern einen gemeinsamen Kulturraum. So gesehen sind Flüsse, meine Damen und Herren, auch ein Gegengift gegen begrenzte Horizonte.

Über den Rhein, zu dessen Flusssystem die Fils bekanntlich gehört – und damit komme ich zum Schluss – hat Victor Hugo einmal gesagt: "Der Rhein ist ein edler Fluss (…), würdig, sowohl Frankreich als auch Deutschland anzugehören." Das ist ein recht bekanntes Zitat.

Hugo hat sich aber auch dazu bekannt, ein Liebhaber der Flüsse zu sein: "Sie wissen", schrieb er in seiner Rheinreise von 1845, "ich habe oft gesagt, ich liebe Flüsse. Über Flüsse werden sowohl Ideen als auch Waren befördert. Alle Phänomene der Schöpfung haben ihre großartige Aufgabe. Flüsse, riesigen Trompeten gleich, singen dem Ozean das Lied von der Schönheit der Erde, der Pracht der Städte und der Menschen Ruhm."

Nun mündet, meine Damen und Herren, lieber Herr Rueß, die Fils nicht in den Ozean – zumindest nicht direkt – und auch Göppingen maßt sich nicht den Vergleich an mit Köln oder Rotterdam. Und dennoch schreiben Sie mit ihrer Ausstellung heute nicht nur ein Stück Filsgeschichte oder Göppinger Kreisgeschichte. Sie schreiben genausogut ein Stück Neckargeschichte und, so viel Anmaßung darf sein, auch ein Stück Rheingeschichte.

Dazu darf ich Ihnen von Herzen gratulieren. Auch deshalb, weil sie es, und damit bin ich am Schluss, nicht bei der Modeerscheinung Fluss belassen. Vielmehr helfen sie mit der Ausstellung, mehr über unsere Flüsse und ihre Kulturgeschichte zu erfahren. Und wenn der Masterplan Fils in Göppingen erste Ergebnbisse zeigt, wird die Fils vielleicht auch im Namen der Stadt wieder sichtbar werden: Göppingen an der Fils.

Ich wünsche Ihnen und der Ausstellung viel Erfolg.

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